Straight outta Graz – Maria im Interview mit Steffi vom Futter
Hab wieder mal ein lustiges Interview gemacht:
„Was würdest du deinem jüngeren Ich für einen Tipp mit auf den Weg geben?
… Keinen. Ich glaube, ich hätte nicht auf mich gehört (lacht).“
www.futter.kleinezeitung.at/graz-maria-reiner-annenviertel/
Wer in Graz „Annenviertel“ sagt, muss auch „Maria Reiner“ sagen. Im 4. Teil der Interviewserie „Straight outta Graz“ haben wir mit der Gründerin und Geschäftsführerin gesprochen: über ihr Lebensmotto, ihre Arbeit und darüber, was Corona mit Bergsteigen zu tun hat.
Über die Herausforderungen des Alltags
Hast du dich heute schon in den Tag getanzt?
Nein, heute noch nicht. Aber ich vermisse es eigentlich. Es war total lustig das zu machen und hat irre gut getan. Im Moment machen wir [die Morgendisko] ja nur einmal die Woche Mittwochs von 8:00 bis 9:00 Uhr. Stattdessen laufe ich jetzt meine Stufen im Haus viermal rauf und runter, 11 Stockwerke (lacht).
„You have to act as if it were possible to radically transform the world“ – dieses Zitat der Bürgerrechtlerin Angela Davis ziert deine Social-Media-Accounts. Dein Lebensmotto?
Ja, ich glaube schon. Ich finde das einfach wichtig. Ich finde, man sollte einfach versuchen, also einfach tun. Es nicht nur versuchen, sondern einfach machen.
Was würdest du jetzt sofort grundlegend verändern in der Welt, wenn du könntest?
Also wenn ich könnte, würde ich sofort „Frauen, 100 Jahre an die Macht“ umsetzen. Da habe ich auch eine Petition gestartet. Ich weiß schon, dass es möglicherweise Männer ausschließt, aber ich finde, man sollte das jetzt einfach mal versuchen. Die letzten 100 Jahre war es eben nicht so.
Wie fordert dich Corona persönlich am meisten?
Am meisten fordert es mich, dass ich nicht weiß, ob ich so weiter machen soll wie bisher oder ob ich einige Veränderungen vornehmen soll.
Ich mache einfach immer nur einen Schritt nach dem anderen.
In welcher Hinsicht?
In beruflicher [Hinsicht]. Also es fordert mich sehr, dass ich wie auch alle anderen nicht weiß, wie die Zukunft jetzt aussieht. In welche Richtung soll man sich orientieren? Wird man wieder ein Leben haben wie davor oder wird sich das einfach nie mehr ändern?
Und wie gehst du momentan damit um?
Ich mache einfach immer nur einen Schritt nach dem anderen. Das ist so wie beim Bergsteigen. Ich glaube, es ist nicht gescheit ganz hinauf auf den Gipfel oder ganz hinunter ins Tal zu schauen. Entweder du glaubst du kannst nicht mehr, oder du kriegst Höhenangst. Also versuche ich immer ein paar hundert Meter vorauszuschauen.
Ist dir aktuell langweilig, weil nur reduziert Veranstaltungen möglich sind?
Nein, weil wir wahnsinnig viele Sachen aus dem Ladl geholt und umdisponiert haben. Das hält uns sehr auf Trab. Und mit der Managerie ist es so, dass es einerseits Gott sei Dank einige super Aufträge gibt und andererseits eben durch die Verlangsamung auch Zeit dafür da ist, Dinge mal wieder auf Vordermann zu bringen.
Wie sieht dein Alltag aktuell aus?
Also ich starte in der Früh eigentlich immer mit dem Treppenlaufen. Das ist das Beste. Oder ich versuche auf den Schlossberg zu gehen. Mittwochs ist eben die Morgendisko, dann lasse ich mir ein bisschen Zeit beim Frühstück und gehe dann ins Büro arbeiten. Danach gehe ich nach Hause. Dass ich in ein Büro gehen kann, finde ich sehr privilegiert. Das ist echt schön.
Über die Arbeit und was sonst noch wichtig ist im Leben
Was genau ist dein offizieller Beruf?
Ich bin Kulturmanagerin. Es ist schwierig, weil ich ja so viele verschiedene Dinge mache. (…) Es sind drei Sachen: Unternehmungsberatung für Kulturmanagement, Geschäftsführung beim Verein Stadtteilprojekt Annenviertel und Co-Working. Das ist eben ein Coworking Space, den ich auch irgendwie schupfe.
Und was genau gehört dabei zu deinen Aufgaben?
Projekte entwickeln und umsetzen. Meine Lieblingsprojekte sind eigentlich die, die die Kommunikation mit Menschen betreffen. Sehr inklusive Projekte, wo man eben schaut, was Menschen dazu beitragen können und was sie abbildet. Also wie man Personen und das, was sie sind oder wissen in Projekte einbinden und sichtbar machen kann. Ganz konkret sitze ich vorm Computer und schreibe E-Mails, mache ziemlich viel Social Media und Presseaussendungen und versuche Dinge zu organisieren.
Was gefällt dir an deinem Job?
Ganz besonders lustig daran ist, dass es einfach sehr schöne Inhalte sind. Oft sind es kulturelle Inhalte. Das ist natürlich toll, wenn man sich damit befassen kann, weil man von den Projekten oft sehr erfreut ist und sehr berührt wird. (…) Oder wenn Projekte einfach funktionieren. Wenn man sich etwas ausdenkt, es umsetzt und es dann funktioniert. Das ist einfach toll. Wenn die Leute dann auch noch Freude damit haben ist das eine totale Win-win-Situation.
…Karriere und berufliche Verwirklichung sind schon etwas Tolles.
Was gefällt dir weniger gut an deinem Job?
Dass man natürlich immer ein bisschen in Konkurrenz steht. Dass viel zu wenig zusammengearbeitet wird, finde ich einfach schade. Manchmal auch nicht ideal ist, dass man oft nicht so viel Geld damit verdient. Aber in dieser Branche ist das eigentlich normal, außer man ist einer der spitzen bezahlten Kulturmanager.
Wie arbeitest du jetzt in der Krise, und woran?
Also im Moment arbeite ich an Plänen für das nächste Jahr. Ich arbeite aber gerade noch in dem Projekt „Unsichtbares Handwerk im Annenviertel“. Das ist ein Projekt, das wir im Rahmen vom Kulturjahr 2020 umsetzen und das mit Jahresende eigentlich zu Ende ist. Dennoch werde ich das noch ein bisschen weiterführen, weil es ein sehr schönes Projekt ist.
Außerdem arbeite ich an einem Annenviertelprojekt, das wir für nächstes Jahr umsetzen. Dann arbeite ich noch an unserem Co-Working-Space, weil wir durch die Krise auch einen starken Wechsel haben und versuche ein bisschen umzudisponieren. Und ich habe wirklich lustige Pläne fürs nächste Jahr, weiß aber noch nicht was ich davon alles umsetzen kann.
Sind Arbeit und Karriere wichtige Teile deines Lebens?
Ja, sind sie auf jeden Fall. Ich finde sie bringen einen auf einer persönlichen Ebene weiter. Es ist total toll Kinder zu haben – ich habe ja auch eine erwachsene Tochter – und ich finde auch ein Privatleben total wichtig. Ich glaube, es ist ganz wichtig diese beiden Dinge in einer Work-Life-Balance zu halten. Aber Karriere und berufliche Verwirklichung sind schon etwas Tolles.
Was ist sonst noch wichtig?
Ich verreise total gern. Also ich fahre jetzt nicht gern sehr weit weg, aber ich verreise einfach grundsätzlich gern. Da gab es schon mal einen total netten Artikel in der Kleinen Zeitung. Ich verreise nämlich mit meiner Katze (lacht) – Rosi, die Reisekatze. Ich bin auch total gern zu Hause, cruise in meinem kleinen Universum herum und koche sehr gern. Kochen ist etwas, das ich mit Leidenschaft mache. Und ich tausche mich ur-gerne mit Menschen übers Kochen aus.
Ich habe erst mit 30 gewusst was ich wirklich studieren hätte sollen.
Wertvolle Lockdown-Info: Hast du ein Lieblingsrezept für uns?
(…) Es sind leider so viele, ich könnte nur sagen, was mein Lieblingskochbuch ist … zur Zeit. etwa habe ich mir gerade das Süßigkeiten-Kochbuch von Ottolenghi gekauft und kann es gar nicht genug anschauen. Ich hab noch nichts daraus gemacht, aber es folgt bald.
Wie hast du eigentlich rausgefunden was du mal werden willst?
Das hat sich so ergeben. Ich hab nämlich überhaupt nicht gewusst, was ich werden soll und bin auch der Meinung, dass man eigentlich erst mit 30 – wenn man einiges ausprobiert hat – auf die Idee kommt. Manche wissen es schon früher. Aber ich kenne viele, die es nicht wissen. Ich habe erst mit 30 gewusst, was ich wirklich studieren hätte sollen.
Was denkst du, hat dich da hingebracht, wo du heute bist?
Vieles war auch Erziehung und meine Schulbildung. Ich bin ja in tolle alternative Schulen gegangen, die sehr demokratisch waren. Also in die Modellschule und die Projektschule Graz, die auch unsere Eltern gegründet haben. Ich glaube, das spielt schon eine große Rolle (…) und das, was man ausprobiert und macht.
Gibt es Dinge, die du ausprobiert hast und rückblickend nicht gebraucht hättest?
Eigentlich nicht, nein.
Was würdest du deinem jüngeren Ich für einen Tipp mit auf den Weg geben?
Eigentlich bin ich total zufrieden damit, wie es gelaufen ist bisher. Keinen. Ich glaube, ich hätte nicht auf mich gehört (lacht).
Über die Stadt Graz
Hast du einen Lockdown-Lieblingsort in Graz?
Ja, das ist definitiv der Schlossberg und meine Wohnung. Ich finde, der Schlossberg ist so eine Wohltat. Den liebe ich. Und meine Wohnung ist auch sehr, sehr angenehm. Wenn man so ein zu Hause hat, ist das doch wunderbar.
Wo in der Stadt zieht es dich nach dem Lockdown als Erstes hin?
Sicher ins Theater, oder ins Konzert. Darauf freue ich mich. Und [zur] Party mit Freunden und Freundinnen. Das fehlt mir sehr.
Was kann Graz besonders gut?
Graz hat eine tolle, lebhafte, starke Kulturszene und das finde ich total super.
Was fehlt der Stadt noch?
Der Stadt fehlt ein besseres Verkehrskonzept für sanfte Mobilität, dass sie gut von Autos befreit wird und der öffentliche Raum den Menschen zur Verfügung gestellt wird. Und ein bisschen fehlt der Stadt auch die nicht-provinzielle Weitsicht.
(Von Steffi Gmeiner)